Ungefähr heute vor 20 Jahren: Ich ziehe aus

Es war Winter. 1995. Die Silvester-Party hatte ich mit meiner ganzen Clique bei meinem Freund Florian verbracht (siehe auch Projekt Paul und Indien) – in Freilassing, also aufm Land.

Zu den besten Erinnerungen an diese Party zählt der kollektive Tanz-Wahnsinn in seiner Großküche zu Pavement, Blumfeld und anderen Hits des Jahres 1994. Außerdem legendär: Felice, der Techno-Apostel zwischen uns Indie-Slackern, der da sagte: „Hey, Techno rettet die Menschheit, die Welt und die Natur!„. Dieser Satz wurde übrigens später im Splendid-Song „Technocolor“ von Benedikt kongenial wieder aufgegriffen (dazu demnächst mehr in der Vorstadt-ZEITMASCHINE)

Und natürlich denke ich bei 1994 auch an meinen Freund Jogo, wie er da am Neujahrsmorgen einsam in der Küche am Fenster sitzt, alle schlafen noch in ihren Schlafsäcken quer durchs Haus. Ich frage ihn „Was machst denn Du schon so früh?“ – darauf er: „Ich warte auf die Schneewalze“.

schneewalzeDie kam dann auch, und als alle Gäste schon längst abgereist waren, verbrachten Florian und ich noch ein paar gemütliche Tage im eingeschneiten Dorf, mit Spaziergängen, langen Gesprächen, verrückten Kochexperimenten und dem Wieder- und Wieder-Aufbrühen seines Lieblings-Mate-Tees. In diesen Tagen wurde mir klar, was es bedeutet, in den „eigenen vier Wänden“ zu wohnen – so sehr ich meine Eltern und mein altes blaues Kinderzimmer liebte – aber einen Lebensraum, in dem ich vollständig ich selbst sein kann, wollte ich auch haben.

Gesagt, getan, 6 Wochen später bezog ich mein Zimmer in der neu gegründeten WG meines Kumpels Christoph. Mitten in einer Reihenhaus-Siedlung in Moosach. 11 Monate schockierte Nachbarn, verwilderte Gärten, Musik-Sessions mitten in der Nacht, erhängte Gartenzwerge und die kleine Nina von gegenüber lagen vor mir. Mehr dazu in den nächsten Folgen der Vorstadt-Zeitmaschine

Nie vergessen werde ich aber dieses Gefühl der Freiheit, das mich inmitten der Schneeberge von Freilassing vollkommen überraschend erfüllt hat. Die Freiheit, mein Leben neu zu erfinden.

Wie gesagt. Nichts, aber auch nichts schien unmöglich in diesem Winter. 1995.

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